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Leitgedanken zum Projekt

Um die vielfältigen Perspektiven, Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte sowie Forschungs- und Praxisinteressen dieses interdisziplinär angelegten Verbundprojekts bündeln zu können, haben sich die Verbundpartner auf ein gemeinsames Leitbild geeinigt, das folgende drei Aspekte umfasst.

1. Fokus auf Setting "Betreute Wohnanlagen mit integrierten Pflegeangeboten"

Das Projekt zielt im ersten Schritt (Vorbereitungs- und Implementierungsphase) vorrangig auf die Wohnform "Betreutes Wohnen" und zwar auf solche mit einem integrierten Pflegesetting. In einem weiteren Schritt (insbesondere in der Transferphase ab September 2023) sollen sukzessiv auch stationäre Pflegeeinrichtungen eingebunden werden. Für diese strategische Ausrichtung gibt es zwei Argumentationslinien:

Erstens besteht diese Bewohnerschaft aus überwiegend hochaltrigen privatwohnenden Personen, die hinsichtlich ihres Gesundheitsstatus, Pflegebedarfs wie auch in ihrem Einkommens- und Bildungsstauts und Digitalisierungsgrad vielfältig sind. Laut einer Studie von 2018 (Kremer-Preiß et al., 2019) sind 85% der Bewohner:innen alleinlebend und eine deutliche Mehrheit ist bereits über 80 Jahre alt (57%). Über ein Drittel benötigt Pflegebedarf und etwa ein Zehntel weist eine demenzielle Erkrankung auf. Was sie wiederum eint, sind die Umzugsmotive in solch eine institutionalisierte Wohnform: das Bedürfnis nach Versorgungssicherheit und die Möglichkeit zur Vergemeinschaftung (Kremer-Preiß, 2018).

Dies geht einher mit dem zweiten Argument, dass solche Betreute Wohnformen einen besonderen Bezug zum Gemeinwesen und zum Quartier aufweisen und sozialräumliche, vernetzte und partizipative Ansätze relevanter Bestandteil deren Einrichtungskonzepte darstellen – Stichwort: lokale Verantwortungsgemeinschaft (Kremer-Preiß, 2018).

Dieses spezielle Wohnsetting und deren Bewohnerschaft bieten insofern für das Verbundprojekt geeignete Kontextbedingungen, da sie eine heterogene Zielgruppe hochaltriger Personen umfasst, deren Digitalisierungsgrad insgesamt niedrig sein wird, wenngleich auch große interpersonelle Unterschiede bestehen können – was wiederum förderlich für die Umsetzung und Etablierung von digitalen Bildungsangeboten und insbesondere von Peer-to-Peer-Angeboten und informellen Lerngruppen sein kann. Ebenso können bestehende Angebotsstrukturen zur Vergemeinschaftung für Untersuchungen zu bildungstheoretischen und bildungspraktischen Forschungsinhalten im Bereich sozialer Teilhabe und Einbindung zum Sozialraum genutzt werden (z.B. auch zur Förderung digitaler Nachbarschaften und Sorgegemeinschaften).

2. Grundlagenforschung zu Bildung im hohen Alter

Forschungstheoretischer Schwerpunkt des Verbundprojekts ist die empirische Bildungsforschung unter Bezugnahme gerontologischer, erziehungswissenschaftlicher und medienpädagogischer Theorien und Konzepte. Forschungsleitend sind grundsätzliche Fragen zu Möglichkeiten und Grenzen (digitaler) Bildungsprozesse und Bildungsgestalten älterer und besonders hochaltriger Menschen, wie z.B.: Welche Bezugspunkte und Rückwirkungen gibt es zur Bildung-, zur Medien- und Technikbiographie, zur Identitätsarbeit und zur Lebenswelt und inwiefern bestehen hierbei alters-, kohorten-, geschlechts- und ressourcenspezifische Interdependenzen und Spezifikationen?

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt behandelt geragogisch-bildungspraktische Forschungsfragen, bei dem es u. a. um die Entwicklung und Gestaltung von informellen und non-formalen digitalen Bildungsformaten für ältere und hochaltrige Menschen geht. Im Mittelpunkt stehen lerntheoretische Fragen zur Medienaneignung und zur digitalen Bildung und Souveränität im Mittelpunkt, wie auch konzeptionelle Fragen zu Lernmodellen und zu Bildungsportalen (Plattformen) für ältere Menschen. Hierzu werden kritische Reflexionen wie z. B. zum Kompetenzbegriff einbezogen (vgl. Wanka & Gallistl, 2020).

3. Differenziertes Altersbild zu hochaltrigen Menschen mit Betonung der sozialen Teilhabe

Das Grundprinzip eines differenzierten Altersbildes hochaltriger Menschen soll im Verbundprojekt auch in Bezug auf die Digitalisierung bedacht werden. Hierzu lassen sich zwei Narrative anführen:

Zum einen soll der Begriff der sozialen Teilhabe weiterentwickelt werden. Im öffentlichen Diskurs wird Teilhabe in Bezug auf Digitalisierung im Alter zumeist im Sinne einer „Teilnahme“ diskutiert; der Aspekt der „Teilgabe“ (vgl. Zippert, 2017), wird hingegen selten explizit angeführt. Dies umschließt auch seelisch-geistige Potenziale hochaltriger vulnerabler Menschen, was als deren Beitrag zum Humanvermögen verstanden werden kann (Kruse, 2017).

Es geht daher im Projekt nicht nur darum, dass hochaltrige (vulnerable) Menschen digitale Zugänge und Kompetenzen vermittelt bekommen, um länger selbstständig bleiben zu können und (wieder) am sozialen Leben teilnehmen zu können. Es soll darüber hinaus untersucht werden, inwiefern diese Zielgruppe durch die Digitalisierung eine Reziprozität von (teil-)nehmen und (teil-)geben und damit auch von „geteilter Verantwortung“ (Kruse, 2017) erfahren kann. Inwiefern können digitale Bildungsprozesse beitragen, sich als hochaltriger und mitunter vulnerabler Mitbürger:innen im Sozialraum zu beteiligen, mitzugestalten und Sorge und Mitverantwortung für andere, für die Gemeinschaft und die Gesellschaft zu übernehmen? Forschungsleitend wären Fragen zu möglichen mittel- und langfristigen Effekten auf die allgemeine Selbstwirksamkeit, Obsoleszenz, Zukunftserwartung, auf das eigene Altersbild und Wohlbefinden.

Zu einem differenzierten Altersbild gehört auch, dass ältere Menschen, die keine digitalen Anwendungen nutzen wollen oder können oder sich bewusst gegen eine digitale Teilhabe aussprechen, nicht als defizitär stigmatisiert werden dürfen. Digitalisierung und ihre gesellschaftlichen Implikationen wie auch ethische Prinzipien wie die der Selbstbestimmung und sozialen Gerechtigkeit gilt es im Projektverlauf kritisch zu reflektieren. Eine aus ethischer Perspektive forschungsleitende Frage ist daher, wie sich durch partizipative Prozesse soziale Ungleichheiten und soziale Ausgrenzungen begrenzen oder vermeiden lassen, die möglicherweise durch im Projektverlauf entstehenden digitalen Angebote in Einrichtungen des Betreuten Wohnens und der Pflege (zwischen Onlinern und Offlinern) ergeben können.

Literatur

Kremer-Preiß, U., Mehnert, T. & Klemm, B. (2019). Betreutes Seniorenwohnen: Entwicklungsstand und Anforderungen an eine zukunftsgerechte Weiterentwicklung. Ergebnisse einer empirischen Studie (ProAlter PraxisWissen). Heidelberg: medhochzwei.

Kremer-Preiß, U. (2018). Betreutes Wohnen – Anforderungen und Wege für eine zukunftsgerechte Weiterentwicklung. Fachtagung „Betreute Wohnkonzepte im Quartier“ am 16. Mai 2018, Stuttgart.

Kruse, A. (2017). Lebensphase „hohes Alter“. Reife und Verletzlichkeit. Berlin: Springer.

Wanka, A. und Gallistl, V. (2020): Ältere Menschen und Digitalisierung aus der Sicht der kritischen Gerontologie. Expertise zum Achten Altersbericht der Bundesregierung. In: C. Hagen, C. Endter & F. Berner (Hrsg.). Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen.

Zippert, T. (2017). Was ändert die zunehmende Digitalisierung und Virtualisierung an einem christlichen Verständnis des Sozialen? In: T. Hagemann (Hrsg.). Gestaltung des Sozial- und Gesundheitswesens im Zeitalter von Digitalisierung und technischer Assistenz (S.137-154). Baden-Baden: Nomos.

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